Kaffeerösterei

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Samstag, 19. August 2017

Ein Leben ohne Wasser bedeutet Stillstand und einen guten Fluchtgrund - Gedanken zur UN-Resolution 64/292

In Zeiten wie diesen, in denen in Deutschland so viel von der Bekämpfung von Fluchtursachen gesprochen wird, sollte man sich vorab die eine oder andere selbstkritische Frage stellen: Wie lange würden wir selbst ein Leben ohne Wasser ertragen? Warum gehen wir davon aus, dass Menschen auf anderen Kontinenten auf Wasser als ein Grundrecht verzichten können? Weshalb ist es in Jahrzehnten bilateraler Beziehungen zwischen Kenia und Deutschland bisher nicht möglich gewesen elementare Entwicklungen in diesem ostafrikanischen Land umzusetzen?

Beim Warten auf Wasser (Wasserkiosk der Kirche links)

Wie lange würden wir selbst ein Leben ohne Wasser ertragen?
Bevor wir uns diese Frage stellen, ist es ganz gut Einblick in die Rechtslage zu nehmen: Das Recht zum Zugang auf sauberes Wasser ist am 28. Juli 2010 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen mit der Resolution 64/292 als Menschenrecht anerkannt worden. Resolutionen der UN sind jedoch rechtlich nicht bindend und daher auch nicht einklagbar. Die Möglichkeit, das Recht auf sauberes Wasser einzuklagen, besteht nur, wenn es in die Verfassung des jeweiligen Heimatlandes des Klägers aufgenommen wurde.

Für die Resolution stimmten damals 122 Staaten, bei 41 Enthaltungen. Vielleicht ist es für Deutschland als Befürworter deshalb so schwierig Massnahmen zu ergreifen, weil Kenia gleichzeitig zu den Staaten gehörte, die sich enthalten haben? Es scheint nicht zu einer der Prioritäten der kenianischen Regierung zu gehören für ihre Bürger sicherzustellen, dass sie jederzeit Zugang zu sauberem und bezahlbarem Wasser haben und im Land ein Mindeststandard an Hygiene eingeführt wird? Das erschwert die Situation.

Ich sehe das als nicht problematisch, wenn man gleichzeitig privaten Initiativen gestattet im Sinne dieser Resolution einen Beitrag zu leisten und Menschen in Not - und nichts anderes ist diese Wasserarmut - Hilfe zur Selbsthilfe zu geben.


Alles andere ist bereits Luxus

Für uns mag sich diese Überlegung verbieten, da wir mit großer Wahrscheinlichkeit sofort nach dem Staat oder unserem lokalen Wasserversorger rufen, wenn das köstliche Nass mal nicht aus dem Hahn sprudelt. Stimmt einerseits. Andererseits kann uns diese Problematik schneller einholen als uns lieb ist. Denn die zunehmende Weltbevölkerung, die gestiegenen Ansprüche der Schwellenländer, die rigorosen Verteilungskämpfe um Wasser, z.B. in Asien und die Wasserpolitik der globalen Foodkonzerne durch Lobbyisten und Juristen, etwa in Brüssel oder Berlin, lassen nichts gutes für die Zukunft vor unserer eigenen Haustür erahnen.

Um zur eigentlichen Frage zurückzukehren: Durch eigene Reisen geschult, kann ich sagen, dass es nur wenige Tage ohne Wasser benötigt, bis man physisch und psychisch am Ende ist und sich nichts seliger wünscht als eine Dusche, eine Seife und sauberes Trinkwasser. 

Weshalb gehen wir davon aus, dass Menschen auf anderen Kontinenten auf Wasser als ein Grundrecht verzichten können? 
Auf diese Frage kenne ich leider keine Antwort.



Weshalb ist es in fünf Jahrzehnten bilateraler Beziehungen zwischen Kenia und Deutschland bisher nicht möglich gewesen elementare Entwicklungen in diesem ostafrikanischen Land umzusetzen?
Nur drei Fragen und dennoch kommt als Resultat kein vernünftiges Ergebnis zustande, werden keine Brunnen gebaut, werden immer wieder Menschen versuchen ins "gelobte Land", sprich nach Europa zu gelangen. Es gibt viel zu tun. Fürwahr. Dennoch wären die Aufgaben zu bewältigen, um dauerhaft Fluchursachen aus Ländern des afrikanischen Kontinents entgegen zu wirken.

Ich empfinde jede Art von politischer Einmischung, gepaart mit Entwicklungshilfeorganisationen jeglicher Art als eine Aneinanderreihung von Akten des gezielten und gewünschten Komplettversagens - und ich denke die "Erfolge" der vergangenen fünf Jahrzehnte könnten mir da durchaus Recht geben.

Immerhin gibt es das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bereits seit 1961. Jede wirtschaftlich orientierte Unternehmung hätte weniger als ein Zehntel dieser Zeit zu Erfolgen zu gelangen oder zu scheitern, unterzugehen und letztlich in der Versenkung zu verschwinden. Nicht so ein deutsches Ministerium, das durchaus erfolgsgerichtet agiert. Der Erfolg stellt sich auch regelmäßig ein, nur: es handelt sich um Klientelpolitik, deren Nutznießer nicht in armen Dörfern wohnen und die nicht täglich aufs Neue den Kampf ums Überleben führen. Aus diesem aber auch aus weiteren Gründen bin ich für die komplette Abschaffung des BMZ zumindest im Hinblick auf seine Rolle auf niedrigster lokaler Ebene in einem Zielland.



Was kommt nach dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung?
Für mich besteht eine zukunftsweisende Aufgabe im kompletten Umbau und der rigorosen Verschlankung des BMZ zu einer Stelle bei der ausschliesslich für private Vereine ohne Gewinnerzielungsabsicht und mit einem gemeinsamen Vorstand aus deutschen und kenianischen Mitgliedern, und zwar aus dem Dorf, in dem eine Massnahme der Hilfe zur Selbsthilfe durchgeführt werden soll, Mittel zur Verfügung gestellt werden dürfen. Dabei gibt es im Hinblick auf die Größe der Gemeinde zwei Voraussetzungen. Zum einen Gemeinden mit bis zu 2000 Bewohnern und Gemeinden mit bis zu 5000 Bewohnern. Es muss Wissen auf lokaler Ebene einfliessen, das der Vereinsvorstand bei den gemeinsamen Beschlüssen und Entwicklungsplänen berücksichtigt.



BMZ: bitte erfinden Sie sich neu im 21. Jahrhundert - Fluchtursachen beseitigen und die Menschen zum Bleiben in der Heimat veranlassen
Ein "Weiter so" wie bisher wird die Verhältnisse zementieren. Das BMZ steht vor der Wahl Pest oder Cholera. Nur die Selbstabschaffung wäre eine Lösung, die einen echten Neuanfang ermöglicht und könnte so eine Organisation entstehen lassen, die es schafft den Menschen in vielen afrikanischen Ländern eine Bleibeperspektive anstelle von Flucht überhaupt erst zu schaffen. Möglichkeiten schaffen damit man dort bleiben kann, wo man zuhause ist. Das sollte im Mittelpunkt eines BMZ oder wie auch immer die Organisation heißen könnte stehen.



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